Qualzucht – wer schön sein soll, muss leiden?

Ein heikles Thema mit jeder Menge Emotionen! Da prallen LiebhaberInnen bestimmter Rassen auf Menschen aus dem Tierschutz, die einerseits „die Produktion“ von Hunden an sich ablehnen und andererseits verzweifeln an dem menschengemachten Leid für Hunde. In diesem Beitrag will ich ganz klar Stellung beziehen, dass das Tierschutzgesetz endlich umgesetzt wird und nicht mehr so lasch gehandhabt wird, wie in den letzten fast 25 (!) Jahren. Aber auch die Käufer solcher Rassen sind in der Verantwortung, diese Qual nicht mehr zu unterstützen! Ein Hund mit panischer Angst vor dem Ersticken wird oft als „süß schnorchelnd“ bezeichnet. Da braucht es unbedingt Aufklärung! Mein Herz schlägt besonders für den Tierschutz und die Second-Hand-Hunde. Gleichzeitig weiß ich, dass diese „Überraschungspakete“ nicht unbedingt für jeden und jede Lebenssituation passend sind. Egal, ob aus Liebe zur Rasse oder auf der Suche nach dem passenden Lebensbegleiter, wenn sich jemand für einen Zuchthund entschließt, kann man meiner Meinung nach drei Dinge erwarten:

  1. Zuchtziel der Rasse sind gesunde Hunde, die Potential für ein körperlich artgerechtes und möglichst schmerzfreies Leben haben.
  2. Es werden wesenssichere Hunde mit den rassetypischen Eigenschaften angestrebt, die keine vererbten Verhaltensstörungen aufweisen.
  3. Die Welpen bekommen durch die Betreuung den bestmöglichen Start für ihr späteres Leben.

Leider ist das oftmals naiv. Es wird gezüchtet, was nachgefragt wird und „der Mensch“ und der Zuchtverband als schön und niedlich bewerten. Collateralschäden werden in Kauf genommen, herunter gespielt und verdrängt. Mehr zum Thema worauf Du beim Kauf beim Züchter achten solltest findest Du auch in meinem Blog-Beitrag „Rassehund gleich Klassehund?“. Hier sind nur einige Qualzuchmerkmale mit Rassebeispielen:

  • „Blaue“ und silberne Hunde (Blue-Line) wie oftmals bei Labradoren, Französischen Bulldoggen und American Staffordshire Terriern angezüchtet, birgt Risiken für Haut und Immunsystem so dass extremer Juckreiz, Fellverlust, Hautekzemen sowie eine schlechten Wundheilung einerseits und Schäden am Herz und Immunsystem die Folge sind. Dies kann so massiv sein, dass ein artgerechtes Leben meist nicht mehr möglich ist für die betroffenen Tiere. Auch Verhaltensveränderungen wie Nervosität werden oft beschrieben.
  • Kurzköpfige (Brachyzephalische) Hunde wie Mops, Französische und Englische Bulldogge: Durch die verformten Schädel treten massivste Atemnnot-/Erstickungsproblematiken sowie Überhitzung können ebenso auftreten wie diverse Augenkrankheiten: Blindheit und herausfallende Augen sind dabei besonders zu erwähnen. Der Deutsche Tierschutzbund hat eine Checkliste für HundehalterInnen erstellt, damit diese überprüfen können, wie betroffen ihr Tier ist.
  • Der Chihuahua leidet aufgrund seiner Zucht häufig an Gelenkserkrangungen, Herzklappenfehler und aufgrund ihrer verzerrten Schädelform an offener Schädeldecke. Die verzerrte Kopfform kann auch zu Augenproblemen bis hin zu einem Herausfallen führen.
  • Kurzbeinige Hunde mit langem Rücken wie Dackel oder Basset leiden aufgrund ihrer Körperform meist an Bandscheibenvorfällen bis hin zu Lähmungserscheinungen.
  • Der Deutsche Schäferhund ist einer der beliebtesten Rassen und gleichzeitig hält er mit 77 möglichen Erbkrankheiten auch dort die Spitzenposition: Neben Anfälligkeiten für Bauchspeicheldrüsenerkrangungen, degenerative Myelopathie (genetische Rückenmarkserkrankung), Keratitis etc. ist die ungesunde Körperform mit dem „Bananenrücken“, dem nach unten abfallenden Rücken, eine Hauptursache für diverse Gelenks- und Knochenerkrankungen.
  • Hunde mit Merle-Faktor sehen durch ihre scheckige, helle Fellfärbung und den blauen Augen für manche Menschen interessant aus. Die Ursache ist ein Gendefekt der Elterntiere und je nach Verpaarung können massivste Fehlbildungen und Erkrankungen auftreten, die von Blindheit, Taubheit, deformierten Skeletten bis hin zu Missbildungen verschiedener (Sinnes-) Organe und erhöhter Sterblichkeit führt. Gerade Collie, Chihuahua, Cocker Spaniel, und Dackel sind davon betroffen, allerdings ist bei weißen Hunden meist Vorsicht geboten.
  • Weiße Hunde oder Extremschecken wie Dalmatiner sind häufig von Blind- und Taubheit betroffen. Dalamatiner auch an Nierenerkrankungen und Futtermittelunverträglichkeiten. Haben sie auch noch blaue Augen, verdreifacht sich die Zahl der der betroffenen Tiere.
  • Der Rhodesian Ridgeback trägt sein Leid schon im Namen: der verkehrte Wirbel der Haare am Rücken verursacht eine Veränderung der Wirbelsäule in Form eines schmerzenden offenen Rücken. Zysten und (Hirnhaut-) Entzündungen können ebenso die Folge sein wie gelähmte Hinterbeine.
  • Die sogenannten „Teacup-Hunde“ sind oftmals Pudel und derart klein und schwach (unter 2 kg), dass sie eine ganze Menge von gesundheitlichen und schmerzhaften Problemen in sich vereinen: einen Wasserkopf, Kieferprobleme, geöffnete Schädeldecke, anfällige Augen, Atemnot, Leberschäden, Herz-Kreislaufschwächen, eine gestörte Blutzuckerregulierung, fragile Knochen und Bandscheibenbeschwerden sind nur einige Konsequenzen. Daher sind solche Tiere verboten zu züchten, aber die Nachfrage scheint hier über dem Tierschutzgesetz gestellt zu sein.

Ich wünsche Dir mit Deinem Familienmitglied eine Zeit voller Freude und Gesundheit! Und die meisten leiden verständlicherweise mit, wenn es zum Tierarzt geht, weil es unseren Vierbeinern schlecht geht. Mit der Entscheidung, ob und für welche Hunderasse Du Dich entscheidest, kannst etwas für verantwortliche Zucht und gegen Leid tun!

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